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Die polarisierte Gesellschaft: Social Media- und Krisenkommunikation in 2022

Unternehmen stehen vor einer großen Herausforderung: Wie positioniere ich mich in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft?

Erst die Flüchtlingsdebatte, dann die Klimakrise und jetzt die Corona-Politik: Die Gesellschaft polarisiert sich immer weiter, während Facebook, Twitter & Co. der öffentlichen Empörung immer mehr Raum geben. Große Teile der Bevölkerung folgen geschlossenen Weltbildern, die keinen Diskurs mehr zulassen. Dies ist nicht nur für die Politik eine große Herausforderung, die vor der Aufgabe steht, die Menschen wieder unter konsensfähigen Wertvorstellungen und Zukunftsperspektiven zu vereinen, im Sinne der Krisenprävention und -kommunikation ist dies auch für Unternehmen eine massive Herausforderung.

Kathrin Hansen
Senior Beraterin
25. Januar 2022
Krisenkommunikation
Social Media

Einerseits verlangt die Gesellschaft, dass sich Unternehmen möglichst eindeutig politisch positionieren, andererseits werden sie von denjenigen mit massiver Kritik überzogen, deren Weltanschauung nicht geteilt wird. Um möglichst keine Käufergruppen zu verprellen, vermeiden viele Markenhersteller daher eindeutige Aussagen und werden auch dafür angegriffen.

Wie Twitter Facebook in Zugzwang bringt

Wie vertrackt die Situation aus Sicht der Krisenkommunikation ist, zeigt ein Blick in die USA. Twitter hat in diesen Tagen öffentlichkeitswirksam den Versuch gestartet, gegen Fake News vorzugehen, als es einen Tweet von US-Präsident Donald Trump mit einem Warnhinweis versehen hat.

Dass Trump und die Trumpisten mit diesem Fact Check-Hinweis nicht glücklich waren, versteht sich von selbst und wurde von Twitter-CEO Jack Dorsey in Kauf genommen. Dorsey hat mit diesem Schachtzug aber seinen Konkurrenten Mark Zuckerberg in Zugzwang gebracht. Weil der Facebook-CEO weiterhin solche Warnhinweise ablehnt und sich partout nicht politisch positionieren will, kam es zu einer Kündigungswelle im Top-Management – seine Mitarbeiter gelten als vorwiegend linksliberal eingestellt.

Zwar betrifft dieses Beispiel Giganten aus dem Silicon Valley, die Herausforderung im Sinne der Krisenkommunikation betrifft aber nahezu jeden mittelständischen Betrieb. Medien- und Verbraucheranfragen, wie die folgenden, sind keine Seltenheit: Welche Konsequenzen ziehen Sie, dass Ihr Mitarbeiter rechtspopulistische Beiträge auf Facebook teilt? Ist Ihnen bewusst, dass in Ihrem Betrieb mehrfach Mitarbeiter wegen Ihrer Hautfarbe oder sexuellen Orientierung gemobbt wurden und was haben Sie dagegen getan? Bitte beziehen Sie eindeutig Stellung zur Klimadebatte!

Eskalation durch unglückliche Kommunikation

Für Unternehmen sind solche Anfragen brandgefährlich, weil unglückliche Antworten im Social Web in Minuten eskalieren und einen erheblichen Reputationsschaden nach sich ziehen können. Krisen entstehen auf diese Weise oft, ohne dass ein tatsächliches Ereignis zugrunde liegt, wie z.B. ein Brand, ein Compliance-Delikt oder ein Produktrückruf.

Ich gehe davon aus, dass die Polarisierung der Gesellschaft noch auf Jahre hinaus erhalten bleibt, sich vielleicht sogar noch verschärft. Unternehmen sollten sich auf diese Entwicklung einstellen und ihre Krisenkommunikation systematisch für solche Themen trainieren. Wichtig ist im ersten Schritt, ein grundsätzliches Verständnis dafür zu gewinnen, welche Themen Krisen auslösen, welche Dynamiken sie befeuern und wie eine deeskalierende Kommunikationsstrategie aussehen kann. Insbesondere aber müssen Unternehmen sich überlegen, ob und wie sie sich gesellschaftspolitisch positionieren wollen und in dieser Überlegung alle relevanten Pro und Contra-Argumente präzise abwägen.

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