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Mergers & Acquisitons: Kommunikation auf der Goldwaage

Kommunikation ist besonders komplex, wenn viele Stakeholder betroffen sind. Ein Paradebeispiel: Mergers & Acquisitons

Deutsche Unternehmen stehen hoch im Kurs: Die Zahl der Fusionen, Übernahmen und Beteiligungen allein durch ausländische Firmen hat sich mit 1707 Transaktionen laut der Germany Trade & Invest in 2016 Jahr mehr als vervierfacht.

Amelie Plitt
25. April 2022
Unternehmenskommunikation

Eine Suppe, Viele Köche

Wenn Unternehmen fusionieren, dann treffen die Interessen zahlreicher Anspruchsgruppen aufeinander. Dies gilt nicht nur bei feindlichen Übernahmen, sondern auch, wenn die Geschäftsleitung des übernommenen Unternehmens die Fusion unterstützt. Die Liste der potentiellen Stakeholder und Meinungsmacher ist lang: Sie reicht von den Kunden, Mitarbeitern und Aktionären der beteiligten Unternehmen über Analysten, Journalisten, Branchenverbände und Gewerkschaften bis hin zu Regulierungsbehörden und Vertretern der Politik.

Sie alle versuchen ihre Interessen im Übernahmeprozess geltend zu machen und nutzen dazu auch und zunehmend professionell die mediale Bühne. Für Unternehmen in einem M&A-Prozess (Fusionen und Übernahmen = Mergers & Acquisitions, kurz: M&A) wird es immer schwerer, die Kommunikationshoheit über eine Transaktion zu gewinnen und zu wahren. Dabei ist die frühzeitige Einbindung der Kommunikationsverantwortlichen und die Entwicklung einer klaren Kommunikationsstrategie ein entscheidender Erfolgsfaktor. Viele Unternehmen setzen dabei heute auf externe Beratung, um die Ausnahmesituation einer Übernahme erfolgreich zu bewältigen.

Besonders wichtig: Klarheit und Proaktivität

Eine gezielte, stringente und offensive Ansprache der wichtigen Stakeholder kann Friktionen und Konflikte im Übernahmeprozess deutlich minimieren. Denn beispielsweise Mitarbeiter und Betriebsräte werden sich öffentlich gegen Übernahmen wehren, wenn sie um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze fürchten müssen. Durch deren Proteste wiederum schaltet sich oft die Politik ein. Ein wichtiges Kommunikationsziel besteht darin, Produktivitätseinbußen als Folge einer Verunsicherung der Mitarbeiter zu vermeiden. Eine professionelle M&A-Kommunikation trägt auch dazu bei, den Aktienkurs des eigenen Unternehmens positiv zu beeinflussen und zahlt auf das Unternehmensimage ein.

Zur kommunikativen Vorbereitung eines Übernahmeprozesses gehört neben einer gründlichen Stakeholder-Analyse auch die Entwicklung zielgruppengerechter Botschaften für alle wesentlichen Anspruchsgruppen. Dabei müssen die strategischen Beweggründe der Fusion ebenso erklärt werden wie die Auswirkungen auf Mitarbeiter und Standorte. Das rechtzeitige „Framing“ einer geplanten Übernahme ist entscheidend, um die Deutungshoheit über diesen Prozess nicht aus der Hand zu geben. Bei der Umsetzung einer solchen Kommunikationsstrategie ist eine sehr gute mediale Vernetzung besonders wichtig.

Besondere Herausforderungen

Die Kommunikation in einem M&A-Prozess stellt die beteiligten Unternehmen vor besondere Herausforderungen. Die Schwierigkeiten liegen vor allem in der starken rechtlichen Regulierung von Unternehmensübernahmen, die insbesondere börsennotierte Gesellschaften betreffen. So verpflichtet beispielsweise §33 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes den Vorstand zwischen der Abgabe eines Übernahme-Angebots und dem Ergebnis zur Neutralität. Die strengen Regeln gegen den Insider-Handel zwingen Unternehmen andererseits dazu, alle potenziell börsenkursrelevanten Informationen unverzüglich am Kapitalmarkt zu veröffentlichen. Gerade in den ersten Wochen und Monaten nach der Ankündigung einer Übernahme ist der Informationsbedarf der Mitarbeiter und vieler anderer Stakeholder aber besonders hoch. Doch bis zum „Closing“, also dem rechtskräftigen Abschluss der Übernahme, muss jede Äußerung der Geschäftsführung auf die juristische Goldwaage gelegt werden.

Umso wichtiger ist es, dass diese Herausforderungen nicht zu einem öffentlichen Verstummen der Unternehmensleitung führen. Denn heftige mediale Auseinandersetzungen und starker öffentlicher Druck haben schon so manche Transaktion scheitern lassen oder die Kosten in die Höhe getrieben. Deshalb gilt: Unternehmen brauchen Fürsprecher und eine klare Kommunikationsstrategie – nach innen und nach außen. Wer seine Stakeholder im Unklaren lässt, fördert Ängste, Spekulationen und Gerüchte, die eine gefährliche Eigendynamik entfalten können.

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