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Wie geht man einen Nachhaltigkeitsbericht systematisch an?

Ein systematischer Nachhaltigkeitsbericht folgt klaren Phasen – vom Kick-Off-Workshop über Themenfindung und Redaktionsplan bis zur Layoutentwicklung und Qualitätssicherung.

Simon Michel
14. April 2025
Nachhaltigkeitskommunikation
Unternehmenskommunikation

Nachhaltigkeitsberichte sind mehr als Pflichtübungen – sie sind strategische Kommunikationsprojekte. Doch wie plant und erstellt man einen Nachhaltigkeitsbericht Schritt für Schritt? Dieser Leitfaden zeigt die typischen Phasen von der Kick-Off-Idee bis zum fertigen Bericht und gibt Tipps, wie man trotz ungewisser und neuer ESG-Vorgaben (CSRD, VSME & Co.) den Fokus auf strategische Kommunikation behält.

Ein systematischer Nachhaltigkeitsbericht folgt klaren Phasen – vom Kick-Off-Workshop über Themenfindung und Redaktionsplan bis zur Layoutentwicklung und Qualitätssicherung. Trotz aktueller Unsicherheiten bei ESG-Standards (Stichwort CSRD-light und VSME) bleibt strategische Kommunikation unverzichtbar: Wichtige Leuchtturmprojekte sollten identifiziert und nach innen wie außen vermittelt werden. So entsteht Mehrwert durch strukturierte Nachhaltigkeitskommunikation – für Stakeholder, Image und Markenvertrauen.

Projektteam und Rahmen klären – der erste Schritt zum Bericht

Bevor der Nachhaltigkeitsbericht begonnen wird, sollte ein Projektteam für das Projektmanagement definiert werden, das sich idealerweise aus Unternehmenskommunikation und Nachhaltigkeitsmanagement zusammensetzt. Definieren Sie klare Rollen: Wer fungiert als Projektleitung? Wer liefert Daten (z. B. CO₂-Zahlen, Personalkennzahlen)? Wer liefert Input, und wer prüft die angelieferten Daten und Fakten? Ein Projektteam stellt sicher, dass alle relevanten Daten und Perspektiven berücksichtigt werden.

Ein weiteres zentrales Thema vor dem Kick-Off ist die Wahl des Berichtsstandards und die Berichtsgrenze. Soll der Bericht freiwillig nach einem Rahmenwerk wie GRI oder DNK erfolgen, oder steht man bereits vor der CSR-Berichtspflicht? Gerade hier herrscht derzeit Unsicherheit: Die regulatorischen Vorgaben der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sind in Bewegung – Stichworte wie „CSRD-light“ (eine mögliche abgespeckte Variante) und neue KMU-Standards (VSME – Voluntary Sustainability Reporting Standard for SMEs) machen die Runde. Viele Unternehmen fragen sich, ob sie jetzt starten oder abwarten sollten.

Unsere Empfehlung:

Jetzt vorbereiten und handeln lohnt sich – unabhängig von künftigen Anpassungen bleibt ESG-Transparenz eine strategische Notwendigkeit. Mit anderen Worten: Selbst, wenn Gesetzgeber Erleichterungen einführen, ändert dies nichts daran, dass Nachhaltigkeitsdaten erhoben und strukturiert kommuniziert werden sollten. Bereits vor dem Kick-off sollte klar sein, nach welchem Standard (ggf. vorläufig) Sie berichten. Oder berichten Sie frei: Dann hat die Nachhaltigkeitspublikation eher Magazin- als Formalberichtcharakter. Je nachdem unterscheidet sich die Datenbasis, die benötigt wird.

Kick-Off-Workshop – das Fundament legen

Am Anfang jedes Nachhaltigkeitsberichts steht ein Kick-Off-Workshop, der vom Projektteam organisiert wird. In diesem Auftakttermin wird der Grundstein gelegt: Ziele, Verantwortlichkeiten und der Projektumfang werden gemeinsam geklärt. Idealerweise schafft das Top-Management früh Rückenwind, denn ein bereichsübergreifendes Vorhaben wie die Berichtserstellung benötigt Unterstützung aus der gesamten Organisation – und ausreichend Zeit. Mit einem offiziellen Startschuss idealerweise durch die Geschäftsführung (oft in Form eines Workshops und einer Rundmail) lassen sich Ressourcenfragen direkt adressieren.

Themen- und Teamfindung – Wesentlichkeit & Verantwortlichkeiten

Ein Nachhaltigkeitsbericht ist Teamarbeit – Fachleute aus verschiedenen Abteilungen (Umweltmanagement, HR, Compliance, Unternehmenskommunikation etc.) sollten an Bord sein. Im Rahmen des Kick-off-Workshops werden die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen für den Bericht und die Leuchtturmthemen aus den einzelnen Abteilungen herausgearbeitet. Idealerweise bereitet sich die zuständige Abteilung mit einer Präsentation oder einem kurzen Vorschlag darauf vor. Die Wesentlichkeitsanalyse, bei der interne und externe Einflussfaktoren bewertet werden, hat sich im Vorfeld bewährt, kann aber für eine einfache und freiwillige Berichterstattung auch entfallen. In diesem Schritt werden die zentralen Handlungsfelder identifiziert – von Klima- und Umweltauswirkungen über Mitarbeitendenbelange bis hin zur Lieferkette. Oft zeigen sich dabei bereits mögliche Leuchtturmprojekte, also besonders hervorzuhebende Initiativen oder Erfolge, die später im Bericht als Beispiele dienen können.

Redaktions- und Zeitplan – Fahrplan für den Bericht

Stehen die Leuchtturmthemen, braucht es einen soliden Redaktions- und Zeitplan. Ein Nachhaltigkeitsbericht ist ein Projekt mit Deadline – häufig gekoppelt an Geschäftsbericht-Veröffentlichungen, Messen oder CSR-Berichtszyklen. Erstellen Sie daher früh einen Fahrplan: Welche Meilensteine gibt es bis zur Publikation? Typische Schritte im Zeitplan sind beispielsweise: Abschluss der Wesentlichkeitsanalyse, Inputabfrage in den Abteilungen bis Datum X, erster Textentwurf bis Datum Y, Feedbackschleifen, finale Abstimmung mit der Geschäftsführung, Layout-Fertigstellung, Lektorat und schließlich Druck/PDF-Erstellung oder Online-Stellung. Dieser Plan dient dem Team als Richtschnur und hilft, Engpässe zu vermeiden.

Dabei lohnt es sich, v.a. am Ende Pufferzeiten einzuplanen – insbesondere, wenn noch Unwägbarkeiten in den ESG-Vorgaben bestehen. Zum Beispiel könnte sich herausstellen, dass zusätzliche Kennzahlen benötigt werden oder externe Stakeholder eine bestimmte Darstellung erwarten. Ein abgestimmter Zeitplan mit genügend Spielraum fängt solche Überraschungen auf.

Ebenfalls zu entscheiden ist die Mehrsprachigkeit und Art der Veröffentlichung: Soll der Bericht zweisprachig (Deutsch/Englisch) erscheinen, um internationale Stakeholder zu erreichen? Dann muss Zeit für Übersetzungen einkalkuliert werden. Wird der Nachhaltigkeitsbericht möglicherweise den klassischen Geschäftsbericht ersetzen oder ergänzen? Einige Unternehmen integrieren ihren Nachhaltigkeitsbericht in den Geschäftsbericht oder veröffentlichen einen kombinierten Jahresbericht, um Finanz- und Nachhaltigkeitsthemen verknüpft darzustellen – in diesem Fall sollten sich Nachhaltigkeits-, Kommunikations- und Finanzabteilung eng abstimmen. Auch eine Online-Verlängerung sollte bedacht werden: Viele Stakeholdergruppen informieren sich bevorzugt digital, daher kann parallel zum PDF/Print eine Landingpage oder Blogbeitrag-Serie geplant werden, um Kernthemen des Berichts online zugänglich zu machen. Solche Entscheidungen fließen idealerweise früh in den Projektfahrplan ein.

Layoutentwicklung – Gestaltung mit Wiedererkennungswert

Während Inhalte und Daten gesammelt werden, sollte parallel die Layoutentwicklung starten. Ein ansprechendes, zum Unternehmen passendes Design erhöht die Lesbarkeit und Wirkung des Nachhaltigkeitsberichts. Wichtig ist der Wiedererkennungswert: Der Bericht sollte sich nahtlos in die Corporate Identity einfügen, aber dennoch Nachhaltigkeitsmaßnahmen visuell unterstreichen. Das gelingt zum Beispiel durch thematisch abgestimmte Farbwelten, aussagekräftige Fotos von Mitarbeitenden-Initiativen oder Projekten und Icons oder Infografiken, die komplexe Themen und Daten veranschaulichen.

Die Gestaltung muss zudem visualisieren, was im Bericht hervorgehoben werden soll – etwa Fallstudien zu Leuchtturmprojekten in separaten Boxen, Kennzahlenübersichten als Grafiken, oder Zitate des Vorstands. Ein stimmiges Layout erhöht nicht nur die Freude am Lesen, sondern erleichtert auch das Erfassen der zentralen Nachhaltigkeits-Botschaften.

Regelmäßiger Jour-Fixe – Qualität im Prozess sichern

Ein Nachhaltigkeitsbericht entsteht nicht über Nacht – normalerweise vergehen mehrere Monate vom Kick-Off bis zur Veröffentlichung. Um in dieser Zeit Kurs zu halten, bewährt sich ein regelmäßiger Jour-Fixe (z. B. wöchentliche oder zweiwöchentliche Projektmeetings). In diesen Runden kommt das Projektteam zusammen, um den Fortschritt zu prüfen, offene Fragen zu klären und die Qualität der Beiträge sicherzustellen. Dadurch wird der Prozess ständig angepasst: Probleme oder Verzögerungen werden früh erkannt und können proaktiv gemanagt werden.

Im Jour-Fixe werden auch Zwischenergebnisse diskutiert. Beispielsweise kann das Team erste Textentwürfe gemeinsam durchsehen, um Konsistenz im Wording zu gewährleisten. Außerdem lassen sich neue Entwicklungen berücksichtigen – etwa Aktualisierungen bei ESG-Richtlinien, neue Projekte im Unternehmen, oder frische Daten, die den Bericht ergänzen. Kontinuierliche Abstimmung verhindert, dass am Ende Aspekte vergessen wurden oder verschiedene Inputs und Autor*innen widersprüchliche Aussagen treffen.

Qualitätssicherung bedeutet in diesem Zusammenhang auch, auf Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben zu achten. Nachhaltigkeitsdaten sollten belastbar und korrekt sein. Manche Unternehmen führen am Ende ein internes Audit des Berichts durch oder lassen kritische Kolleg*innen gegenlesen, um mögliche Greenwashing-Fallstricke aufzudecken. Diese Qualitätsschleifen, eingebettet in regelmäßige Meetings, sorgen dafür, dass am Ende ein glaubwürdiger Bericht entsteht, der dem Realitätscheck standhält.

Leuchtturmprojekte intern und extern kommunizieren

Wichtig ist, die sogenannten Leuchtturmprojekte sowohl nach außen als auch nach innen zu kommunizieren. Nach außen dienen sie der Imagepflege: Sie zeigen Kund*innen, Investor*innen und der Öffentlichkeit konkret, wie Nachhaltigkeit umgesetzt wird. Intern wirken sie motivierend auf die Belegschaft: Mitarbeitende sehen, dass ihre Firma ernst macht und Erfolge erzielt, auf die man stolz sein kann.

Nutzen Sie den Bericht also auch, um die Akteure hinter den Projekten zu Wort kommen zu lassen – z. B. durch kurze Interviews oder Zitate von Projektleiter*innen. Dadurch fühlen sich die Beteiligten wertgeschätzt, und Leser*innen erhalten einen persönlichen Einblick.

Auch nach der Veröffentlichung des Berichts sollte die Kommunikation der Leuchtturmthemen weitergehen. Teilen Sie zum Beispiel einzelne Projekt-Storys über Intranet-Beiträge oder im Mitarbeitendenmagazin, um intern alle abzuholen. Extern können diese Geschichten in Pressemitteilungen, Social Media-Posts oder Vorträgen aufgegriffen werden. Ein Nachhaltigkeitsbericht ist kein Selbstzweck – er liefert Inhalte, die über verschiedenste Kanäle gespielt werden können. Indem Sie Ihre Erfolge und Maßnahmen kontinuierlich kommunizieren, verlängern Sie die Halbwertszeit des Berichts und verankern Nachhaltigkeit als festen Bestandteil der Unternehmensstory.

Regelmäßige Projekt-Meetings helfen den Berichtsprozess auf Kurs zu halten.

Mehrwert durch strukturierte Nachhaltigkeitskommunikation

Warum all diese Mühe? Ein strukturiert aufgezogener Nachhaltigkeitsbericht zahlt auf mehrere Ziele ein.

  1. Erstens ermöglicht er eine zielgerichtete Stakeholder-Ansprache. Unterschiedliche Anspruchsgruppen interessieren sich für verschiedene Aspekte: Investor*innen schauen auf ESG-Ratings und Risikothemen, Kund*innen achten auf umweltfreundliche Produkte und faire Arbeitsbedingungen, Nachwuchskräfte auf Purpose und Werte. Durch die systematische Aufbereitung können Sie für jede Zielgruppe passende Botschaften herausfiltern und kommunizieren. So wird der Bericht zur inhaltlichen Basis für Präsentationen, Kundengespräche oder Personalmarketing (Stichwort Recruiting von Talenten, denen Nachhaltigkeit wichtig ist).
  2. Zweitens bietet eine solche Kommunikationsstrategie die Chance, Ihr Image nachhaltig zu stärken. Transparenz und Konsistenz in der Nachhaltigkeitskommunikation schaffen Vertrauen bei Ihren Stakeholdern. Wenn Sie Jahr für Jahr strukturiert berichten und Fortschritte wie auch Herausforderungen ehrlich teilen, positionieren Sie sich als glaubwürdig. Dies kann in Krisenzeiten ein wertvolles Kapital sein – man hat sich bereits einen Vertrauensvorschuss erarbeitet.
  3. Drittens profitieren Sie von moderner Kommunikationsmechanik: Ein gut geplanter Bericht lässt sich in der digitalen Welt vielfältig nutzen. Überlegen Sie sich eine Hashtag-Strategie für die Veröffentlichung. Ein eigener Unternehmens-Hashtag kann die Reichweite in sozialen Netzwerken erhöhen und Teil der Online-Diskussion werden. Gleichzeitig können multimediale Inhalte aus dem Bericht – Grafiken, Fotos, Zitate – als Snack-Content in Posts oder auf der Website dienen. Einige Unternehmen erstellen kurze Erklärvideos oder Infografiken auf Basis des Berichts, um komplexe Ergebnisse einfach darzustellen. Strukturierte Vorarbeit zahlt sich hier aus: Wenn die Kernbotschaften klar definiert sind, lassen sie sich leicht in verschiedene Formate übersetzen.

Nicht zuletzt verschafft Ihnen ein Nachhaltigkeitsbericht im eigenen Haus Orientierung. Das systematische Durchleuchten aller ESG-Themen deckt Optimierungspotenziale auf und fördert interne Lernprozesse. Man könnte sagen: Erst denken, dann handeln, dann reden – der Bericht ist das Resultat dieses Prozesses und gleichzeitig Ausgangspunkt für weitere Verbesserungen. Diese Verzahnung von Strategie und Kommunikation erzeugt echten Mehrwert für Ihr Unternehmen und seine Stakeholder.

Fazit: Strategie weiterverfolgen, Mehrwerte kommunizieren

Ja, die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts ist aufwendig. Doch der Gewinn rechtfertigt auch in Zeiten von Unsicherheit den Aufwand schnell und nachhaltig. Indem Sie strukturiert vorgehen – von der Planung im Kick-Off über die teamübergreifende Themenaufarbeitung bis hin zur kontinuierlichen Kommunikation – schaffen Sie ein Ergebnis, das weit über eine Pflichtveröffentlichung hinausgeht. Unabhängig von Berichtspflichten gilt: Bleiben Sie Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie treu und machen Sie die erzielten Fortschritte sichtbar. Identifizieren und kommunizieren Sie Ihre Leuchtturmprojekte intern wie extern, um Ihre Belegschaft und Öffentlichkeit mitzunehmen. Nutzen Sie den Bericht als Dreh- und Angelpunkt für Ihre ESG-Kommunikation, um Stakeholder gezielt anzusprechen und Ihr Markenimage zu schärfen.

Ob die regulatorischen Anforderungen nun umfangreicher oder „leichter“ ausfallen, ist zweitrangig – entscheidend ist, dass Sie handeln und darüber sprechen. Ein systematisch angegangener Nachhaltigkeitsbericht hilft Ihnen dabei, mit klarer Struktur zu handeln und mit überzeugender Botschaft zu sprechen. So schaffen Sie Transparenz, Vertrauen und letztlich einen echten Mehrwert für alle Beteiligten.

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