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Glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation: Erst denken, dann handeln, dann reden

In diesem Artikel unserer Expertin für Nachhaltigkeitskommunikation, Nadine Hofer, lernen Sie, wie man Nachhaltigkeit glaubwürdig kommuniziert.

War Nachhaltigkeit früher ein ungetrübt positives und inhaltlich leichtes Thema, so ist es heute der Ursprung so mancher Unternehmenskrise. Dass keine Kommunikation bei diesem hochrelevanten Thema auch keine Lösung ist und wie man hin zu einer tragfähigen Nachhaltigkeits-PR kommt, zeigt Nadine Hofer in diesem Gastartikel aus QM! (Ausgabe 01/23).

Nadine Hofer
27. August 2023
fjol-Digital
Nachhaltigkeitskommunikation

Neu ist Nachhaltigkeit beileibe nicht: Die Forstwirtschaft in Deutschland rühmt sich gerne damit, dem Thema schon vor über 300 Jahren den Anstoß gegeben zu haben. Und gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen ist es seit jeher üblich, sich im regionalen Umfeld unter dem Motto „Tue Gutes und sprich darüber“ sozial und ökologisch zu engagieren.

Jedoch erleben wir seit einigen Jahren, wie sich die Kommunikation über Nachhaltigkeitsthemen verändert. Das Feelgood- und Nischenthema hat sich zu einer der relevantesten Aufgaben der Unternehmens- und Markenkommunikation entwickelt – und zu einem Bereich mit enormem Krisenpotenzial. Die Frage, die alle Unternehmen heute beantworten müssen, ist so einfach wie umfassend: „Worin besteht der Beitrag, den Sie zum Schutz unseres Planeten und zum Erhalt unserer Gesellschaft leisten?“

Glaubwürdige Kommunikation benötigt Vorbereitung

Konsumentinnen und Konsumenten, Politik, Medien und NGOs wirken dabei als Treiber, die den Druck auf Unternehmen erhöhen. Das verleitet manche dazu, schnell handeln und kommunizieren zu wollen.

Aber: Was nur halbherzig getan wird, hat auch nur die halbe Aussicht auf Erfolg! Zudem lauert immer die Gefahr, mit zu wenig durchdachten Maßnahmen und Botschaften als „Greenwasher“ wahrgenommen zu werden. Ein Grund dafür ist die hohe Komplexität im Nachhaltigkeitsmanagement: Es muss eine Vielzahl von Themen innerhalb der drei Dimensionen Umwelt, Wirtschaft und Soziales abgedeckt werden.

Zugleich ist nachhaltigeres Wirtschaften häufig mit Zielkonflikten verbunden und nicht zuletzt eine Kostenfrage. Dass Unternehmen bei vielen Projekten auf Partner wie NGOs oder Dienstleistungsunternehmen angewiesen sind, kommt noch dazu – man haftet für deren Fehltritte mit. Aktuell ist dies besonders häufig zu sehen, wenn Kompensationsdienstleister bzw. Klimaschutzprojekte öffentlichkeitswirksam in die Kritik geraten, weil sie angeblich ihre angestrebte Wirkung nicht entfalten.

Dann stehen regelmäßig auch die namhaften Marken und Produkte mit in der Kritik, die bestimmte Emissionszertifikate verwendet haben. Für eine glaubwürdige und krisenfeste Kommunikation ist es zentral, dass Unternehmen verständliche und tragfähige Nachhaltigkeitsaussagen treffen können. Es genügt nicht, chronologisch über neue Projekte und Ideen zu berichten und via Pressemitteilung die x-te Blühwiese oder regionale Spende zu präsentieren. Wer als nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen wahrgenommen werden möchte, muss sich auch so aufstellen. Dazu gehört eine systematische, zielorientierte Herangehensweise an Nachhaltigkeitsmanagement und
-kommunikation.

Ein Fundament legen: Nachhaltigkeit mit System

Vor der Entwicklung einer Kommunikationsstrategie steht der Aufbau eines strukturierten Nachhaltigkeitsmanagements im Unternehmen. Dies legt die Basis für eine glaubwürdige Kommunikation, indem das Unternehmen sich systematisch mit den Anforderungen seiner Stakeholder auseinandersetzt, in den Dialog mit ihnen tritt und eine langfristige Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt.

Kern der Strategie ist es, die für das Unternehmen wesentlichen Themen festzulegen und messbare Ziele zu definieren.
Lautet die Empfehlung also, erst nachhaltig werden und dann kommunizieren? Dieser Eindruck wäre falsch. Vielmehr geht es darum, ein tragfähiges Fundament zu legen, auf das die Kommunikation sicher aufbauen kann – indem sie den Weg des Unternehmens hin zu nachhaltigerem Wirtschaften erklärt und begleitet. Entsprechend ist der richtige Punkt, sich an die Ausarbeitung einer Kommunikationsstrategie zu machen, genau hier erreicht.

Nun gilt es, die Nachhaltigkeitsstrategie unter PR-Gesichtspunkten zu betrachten:

Welche Themen eignen sich für die Kommunikation?
Wen möchten wir überhaupt erreichen?
Welche Botschaften sollen diese Zielgruppen
aufnehmen?

Kritischer Blick statt rosa Brille

Spätestens an dieser Stelle wird den Beteiligten häufig deutlich, dass Anspruch und Wirklichkeit nicht unbedingt deckungsgleich sind. Nicht alle Themen, die intern als Vorzeigebeispiele oder Meilensteine gelten, halten einer externen Überprüfung stand. Ein großer Fortschritt für das eigene Unternehmen ist im Branchenvergleich unter Umständen nur Durchschnitt. Eine Verbesserung in einem Teilbereich kann zur Verschlechterung in einem anderen führen.
Denn Nachhaltigkeit ist immer wieder mit Widersprüchen und Zielkonflikten verbunden.

Beispielsweise kann der Fokus auf Tierwohl negative Auswirkungen auf den Klimaschutz haben. Und schließlich ist die Analyse der wesentlichen Themen, auf die sich ein Unternehmen im Nachhaltigkeitsmanagement konzentriert, zwar hilfreich für ein systematisches Vorgehen mit hohem Impact; es führt aber auch dazu, dass zwangsläufig an einigen Stellen Lücken auftreten, an denen das Unternehmen Angriffsfläche bietet.

Wenn man von einer NGO genau in einem dieser Bereiche aufs Korn genommen wird, hilft die Argumentation, der Aspekt gehöre nicht zu den eigenen wesentlichen Themen, in der Praxis nicht weiter. Unternehmen bleiben also angreifbar und müssen lernen, mit diesem Risiko umzugehen. Das kommunikative Ziel kann entsprechend nicht lauten, sich als „nachhaltiges Unternehmen“ zu positionieren. Vielmehr muss es darum gehen, den eigenen Weg hin zu nachhaltigerem Wirtschaften darzustellen – und das durchaus mit einer gewissen Demut. Es gilt, selbstbewusst, aber realistisch zu kommunizieren, dass man sich als Unternehmen auf den Weg gemacht hat und bereit ist, sich im (kritischen) Dialog mit den eigenen Stakeholdern zu verbessern.

Der Umgang mit dem Unbequemen

Auf dem Weg zu sein, bedeutet mit Hindernissen umzugehen und Rückschläge zu erleben.

Auch dies sollte sich in der Kommunikation in geeigneter Weise wiederfinden. Es wäre ein Fehler, unbequeme Themen einfach auszublenden. Daher ist es wichtig, bei der Erarbeitung der Kommunikationsstrategie auch diese Themen einzubeziehen. Sie werden in der Regel nicht in die aktive Kommunikation aufgenommen, sollten aber in Form von Statements oder Fragenkatalogen durchleuchtet und argumentativ vorbereitet werden.

Nur so ist gewährleistet, dass im Falle kritischer Medienanfragen oder NGO-Kampagnen eine schnelle, inhaltlich treffsichere Reaktion erfolgt. Bei der Umsetzung umfassender Formaten wie einem Nachhaltigkeitsbericht sollte stets geprüft werden, welche der heikleren Themen darin proaktiv angesprochen werden. Hier stehen Unternehmen vor der Herausforderung, transparente Berichterstattung und das Krisenpotenzial bestimmter Themen abzuwägen

Grundregeln der glaubwürdigen Kommunikation

Das wichtigste Prinzip der Unternehmenskommunikation geht im Eifer des Gefechts oft unter: erst intern, dann extern kommunizieren! Die eigenen Mitarbeitenden sollten nicht aus der Zeitung erfahren, dass ihr Arbeitgeber sich jetzt Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt. Hier zahlt sich eine frühzeitige und kontinuierliche interne Kommunikation aus, um die Belegschaft im Nachhaltigkeitsprozess mitzunehmen und einzubinden.

Eine zentrale Frage, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden beantworten müssen: „Was steckt für mich drin?“

Warum ist das Nachhaltigkeitsengagement also für alle Beteiligten von Interesse und inwiefern werden insbesondere die Bedürfnisse der Belegschaft damit gedeckt? Dies ist umso wichtiger, als die Mitarbeitenden immer auch Botschafter ihres Unternehmens sind, insbesondere im regionalen Umfeld. Drei Grundregeln glaubwürdiger Kommunikation spielen bei Nachhaltigkeit eine besondere Rolle.

Zunächst wäre da die Haltung: Steht das Unternehmen hinter dem, was es sagt? Hier zeigt sich die Bedeutung einer systematischen Herangehensweise an Nachhaltigkeitsmanagement und -kommunikation, denn sie stellt sicher, dass ein ganzheitliches Konzept entwickelt wird, das alle Unternehmensthemen integriert. Zweitens muss die Wahrnehmung von außen bekannt sein und in der Kommunikation aufgegriffen werden: Wie wird das Unternehmen von Anspruchsgruppen erlebt und gesehen? Müssen Vorurteile korrigiert oder Überzeugungen gefestigt werden? Nicht ohne Grund spielt der Stakeholderdialog eine so wichtige Rolle im Nachhaltigkeitsmanagement.

Schließlich bleibt die Frage nach der Verlässlichkeit: Halten die Aussagen der Überprüfung in der Öffentlichkeit stand? Wer immer wieder mit ungenauen oder falschen Behauptungen erwischt wird, verspielt seinen Ruf sehr schnell.

Ein kommunikatives Dach

Nun ist es geschafft: Die Nachhaltigkeitsstrategie steht, Zielgruppen und Botschaften sind sortiert, geeignete Kanäle definiert. Häufig haben Unternehmen an diesem Punkt eine Vielzahl von Themen, Zielen und Maßnahmen zusammengestellt, die die Ernsthaftigkeit des eigenen Nachhaltigkeitsmanagements untermauern sollen. Es ist nicht ratsam, diese umfassende Zusammenstellung der eigenen Aktivitäten ungefiltert auf die geplanten Kommunikationsmaßnahmen zu übertragen: Das Ergebnis wirkt zumeist verwirrend und austauschbar.

Hier kann es sinnvoll sein, einen Zwischenschritt einzuziehen und ein kommunikatives Dach für die Nachhaltigkeits-PR zu erarbeiten. In einem kreativen und offenen Prozess, am besten mit externem Support, findet sich die möglichst einzigartige Idee, die die Nachhaltigkeit genau im betreffenden Unternehmen auf den Punkt bringt. Das ist der vielleicht spannendste Teil bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitskommunikation.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen aus der Lebensmittelindustrie wurde von Engel & Zimmermann dabei begleitet, eine klar formulierte Leitidee zu entwickeln. Sie bildet einen verlässlichen Rahmen für sämtliche Kommunikationsaktivitäten und ist mit einem einprägsamen Claim verbunden. Das dazugehörige Bild schafft eine emotionale Verbindung. Eine Leitidee ist das Rückgrat für strategische Ziele und Maßnahmen. Sie begeistert, motiviert und schafft ein gemeinsames Verständnis und zieht sich wie ein roter Faden durch die Kommunikationsmaßnahmen.

Fazit

Ja, der Aufbau einer Strategie für die Nachhaltigkeitskommunikation ist aufwendig. Doch sie zahlt sich schnell und langfristig aus. Denn die Frage, was das eigene Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit tut, ist inzwischen ein echter Dauerbrenner. Ob der Kundenkreis, Banken oder potenzielle Mitarbeitende: Mehr und mehr Menschen legen Wert darauf, Genaueres über die Nachhaltigkeitsstrategie und -maßnahmen von Unternehmen zu erfahren. Umso wichtiger ist es, das Thema grundsätzlich und genau vorzubereiten. Damit das eigene Unternehmen auch halten kann, was es verspricht!

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